Beitragvon avocado » Mi 7. Jan 2015, 23:22
Hallo Ihr da!
Ich bin im Herbst 2014 an FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) erkrankt. Da ich im Internet kaum Erfahrungsberichte über die Krankheit an sich, sondern nur über das Impfen dagegen gefunden habe, dachte ich mir, ich berichte einmal von meiner Erkrankung an FSME und deren Ablauf. Dazu muss ich sagen, ich bin nicht gegen FSME geimpft und noch frische 18 Jahre alt.
Eines Sonntagmorgens bin ich mit Gliederschmerzen, Fieber und starken Augenschmerzen aufgewacht. Ich fühlte mich, als hätte man mich in einen Sack gesteckt und mit einem Knüppel verklopft. Am nächsten Morgen bin ich sofort zu meinem Hausarzt. Dieser verschrieb mir ein Antibiotikum, da es aussah, als hätte ich eine Grippe. Das Fieber lies innerhalb einem Tag nach. Die Gliederschmerzen blieben dafür, und hinzu kamen Schmerzen beim Atmen und Schwierigkeiten beim Sprechen. Ich fing an, extreme Schmerzen in den Beinen zu bekommen. Sogar so schlimm, dass ich nicht laufen konnte und meine Beine unter mir wegklappten. Auch andere Körperpartien, wie Hände und Gelenke taten weh. Ich lag praktisch den ganzen Tag eine Woche lang flach und bewegte mich so gut wie nicht. Meine Augen waren sehr lichtempfindlich und meine Ohren sehr lärmempfindlich.
Nach einer Woche ging es mir besser. Ich fühlte mich zwar noch schwach aber die Schmerzen waren nicht mehr so schlimm. Ich versuchte dann 3 Tage lang in die Uni zu gehen. Am dritten Tag fing es an in meinem rechten Fuß weh zu tun. Der Schmerz zog sich im laufe von 2 Tagen in meinem Körper hoch. Vom Fuß zum Knie, vom Knie zur Hüfte, von der Hüfte in die Schulter und am dritten Tag von der Schulter in meinen Kopf. Die Kopfschmerzen begannen und ich dachte: wie kann man so schlimme Kopfschmerzen haben? Wenn ich lag ging es, stand ich aber auf und setzte mich dann wieder hin, begann ein heftiger pochender Schmerz in meinem Kopf zu wüten, der einige Minuten anhielt. Ich war während des Schmerzes so gelähmt, dass ich weder Sprechen noch mich bewegen konnte. Dann war ich wieder bei meinem Arzt und mir wurde Blut abgenommen. Ich lag weitere 2 Tage im Bett mit starken Kopf- und Gliederschmerzen. Und dann war es so schlimm, dass ich kaum ein Wort raus bekam und wir gingen ins Krankenhaus. Dort wurde ich stationär aufgenommen und es wurden Blutproben genommen, ein MRT und ein EEG gemacht. Am 3ten Tag wussten die Ärzte was los war. Es wurde FSME diagnostiziert. Ich konnte mich aber an keinen Zeckenbiss erinnern. Ich wohne in Baden-Württemberg, welches ein „rotes“ Gebiet was Zecken angeht ist. Wir haben auch 2 Hunde daheim, mit welchen wir oft im Wald sind.
Ich war insgesamt 6 Tage im Krankenhaus und durfte danach Nachhause. Nun sind 3 ½ Monate vergangen. Die Kopfschmerzen sind nun nicht mehr bei Schmerzgrad 10 gewesen, seitdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Das höchste war bis jetzt eine 7 ½. Ich nehme bei Schmerzen eine Ibuprofen 600 ein, manchmal eine ganze, manchmal eine halbe. Dazu auch Tabletten zum Magenschutz. Und sonst? Das wars. Es gibt keine Medikamente, keine Heilungsmethode… Ruhe, Vitamine, Schmerzmittel. Das Studium habe ich für 1 Jahr unterbrochen um genug Zeit zu haben gesund zu werden.
Ich habe immer noch Taubheitsgefühle in meinen Beinen und Händen. Meistens in der rechten Hälfte des Körpers. Es ist nicht so, dass ich meine Beine und Hände nicht bewegen kann, nur empfinde ich einfach kein wirkliches Gefühl. Ich hatte anfangs auch das Problem mich richtig zu Artikulieren. Mir sind die Worte einfach entfallen, es fiel mir sehr schwer Gesprächen zu folgen und Worte in richtiger Reihenfolge zu sagen. Bücher oder längere Texte lesen ging auch nicht. Autofahren ging nur tags über, Nachts waren die Lichter der anderen Autos für meine Augen zu hell. Schnell aufeinander Folgende Bilder, wie z.B im TV konnte ich nicht folgen und bereiteten mir Kopfschmerzen. Manchmal habe ich auch zwei bis drei kurze „Stiche“ im Kopf. Ein kurzer einstechender nervlicher Schmerz.
Das schlimmste ist, ich sehe nicht krank aus, bin es aber. Für andere Menschen ist es schwierig einzuschätzen wie krank ich bin, wie gut oder schlecht es mir geht und wie meine seelische Verfassung ist. Es belastet mich psychisch mehr, als ich es anfangs gedacht habe. Obwohl ich sonst ein eher gefestigter Mensch bin, ist dieses Ungewisse und unkontrollierbare sehr belastend. Der Schmerz kommt einfach so und man weiß nicht wie lang, wie stark und wie regelmäßig.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es dem ein oder anderen weiterhilft.
Falls es Fragen gibt, her damit!
Liebe Grüße Avocado